ein Engel wird flügge

Hormone übernehmen die Macht

Transition... erwachsen werden.
Die Pubertät ist auch für Rett-Mädchen eine Zeit von Wandel und Umbruch.


Die amerikanische Autorin Luanne Rice beschreibt in ihrem Roman "Wo die Sterne zuhause sind" eine Szene die dies symbolisiert. Buchfigur Dianne, im Roman Mutter eines Mädchens mit Rett-Syndrom, bringt ihre Tochter zum Meeresufer und zeigt ihr die stürmischen Wellen die sich an Klippen brechen. Dadurch kann Rett-Mädchen Julia begreifen wie die beginnende Pubertät ihren Körper aufwühlt. Ein sehr schöner und treffender Vergleich.


Epilepsie kann erst so richtig aufflammen um die Pubertät herum. Hormonschwankungen kommen als auslösender Faktor für Anfälle in Frage. Bis der Körper der Frau seinen Rhythmus findet und der Zyklus stabil wird, können Jahre vergehen. Mit Minipille & Co. gibt es viele Versuche bei jungen Rett-Frauen Stimmungsschwankungen und Anfälle in den Griff zu bekommen. Hierzu mehr im Rettforum - Elternaustausch zum Thema Hormone  und Wechselwirkungen mit Antiepileptika.

Der Frauenarzt wird jetzt ein Thema. Aber wohin?
In Bayern bietet das Amperklinikum in Dachau eine Spezialsprechstunde für behinderte Frauen an. Aufgebaut durch Frau Professor Debus, 2017 übergeben an ihre Nachfolgerin.


Der Lotse geht von Bord...

Mit dem Erwachsenwerden verlieren unsere Kinder und wir die umfassende sozialpädiatrische Betreuung und unsere medizinisch-psychosozialen Lotsen der SPZ.

Die volle Verantwortung für das Zusammenspiel aller medizinischen Behandlungen, Untersuchungen, Therapien und Hilfsmittel liegt plötzlich bei den Eltern. Unsere Hausärzte sind selten kompetent für seltene Krankheitsbilder wie Rett-Syndrom, wenn auch menschlich immer auf unserer Seite und sehr bemüht.
Sofia hat einen wunderbaren Kinder-Hausarzt der auch über das 18. Lebensjahr weiter behandelt.

Doch im KiZ war Punkt Januar 2017 mit dem 18. Geburtstag Schluss.

Wertvolle Unterstützung erhielten wir anschließend durch eine Spezialambulanz für schwer einstellbare Epilepsie und geistige Behinderung im Klinikum München-Haar. Sofia wechselte dorthin im Rahmen einer Transitionssprechstunde am KiZ München.

Ein MZEB - medizinisches Zentrum für erwachsene Behinderte - soll dort aufgebaut werden. Nachtrag Mai 2019 - endlich ist es soweit, das MZEB ist in Betrieb gegangen und wir sind unter den ersten 10 Patienten ---> zum Flyer

Einige wenige MZEB gibt es bereits in Bayern und entsprechende Empfehlungen auf der Rettseite Bayern und im Rettforum.

Wir suchen noch eine Spezialambulanz für Kardiologie und geistige Behinderung im Großraum München-Ingolstadt. Denn von der Kinderkardiologie im Klinikum Augsburg mit dem liebevollen Rundum-Betreuungspaket auf die Liege eines niedergelassenen überfrequentierten Erwachsenenkardiologen, trägt den besonderen Bedürfnissen von Sofia auf keinen Fall Rechnung.

Was bewegt uns im Zusammenhang mit dem Erwachsenwerden unseres Kindes?

Wohnen
  • So nah wie möglich.
  • Behütet und beschützt.
  • Liebevoll.
  • Mit zweitem Lebensraum.
  • Achtung vor der Individualität meines Kindes.

Menschenwürde
  • Wer sorgt sich um Frisur und Kleidung in Hinblick auf Menschenwürde und Ästhetik?
  • Wer nimmt es mit dem Zähneputzen 1000 % genau?
  • Wer sucht und kämpft solange bis sich die perfekte Windel findet, statt den erstbesten Plastiksack zu nehmen.
  • Wer schaut hin und nicht weg?

Liebe und Freude
  • Wer geht mit ihr schwimmen?
  • Wer geht mit ihr reiten?
  • Wer kennt ihre Lieblingsgerichte und kocht sie genauso wie es sein muss?
  • Wer macht sich die Mühe mit dem Wassereinflößen per Einwegspritze?
  • Wer baut jeden Sommertag ein Riesenplanschbecken mit warmem Wasser auf?
  • Wer spielt für sie Rocksongs statt Detlef Jöcker?

Medizinisch
  • Wie finde ich einen Erwachsenen-Neurologen nach dem Kinderzentrum?
  • Wer kümmert sich um Therapie und Hilfsmittel?
  • Wen schert wie die Krankheit weiter verläuft?
  • Wer hat einen 7. Sinn für Symptome?

Kommunikation
  • Wer versteht ihre Sprache?
  • Wen interessiert was sie sagen möchte?

Grenzen des Menschseins
  • Das eigene Alter, die nachlassende Kraft.
  • Der Schmerz des Loslassens, nicht sterben dürfen, Panik auf dem Totenbett.
  • Wer liebt sie? Wer gehört zu ihr wenn ich nicht mehr bin?

Politik
  • Wie wird sich die Situation behinderter Menschen in Zukunft in Deutschland entwickeln?
  • Wird der Gesetzgeber Kürzungen zu Lasten behinderter Menschen vornehmen oder werden deren Rechte weiter gestärkt?

Angst und Tabus
  • Der Begriff „Austherapiert“
  • Liebe und Sexualität als Grundbedürfnis für jeden Menschen... aber nicht für mein Kind?
  • Loslassen und Abschied nehmen.
  • Vertrauen müssen! über den eigenen Tod hinaus.
Herta, September 2018


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