pränatale Diagnostik

"Wünschen Sie einen Fruchtwassertest?" fragte der Arzt 1998 gegen Ende des ersten Schwangerschaftsdrittels.

Belastende traurige Erinnerungen kamen wieder hoch, an eine vorangegangene Schwangerschaft und den Verlust eines Mädchens in der 19. SSW durch vorzeitigen Blasensprung. Es drängten sich sofort Bilder auf von riesigen gefährlichen Kanülen, die sich in die zarte Wand der kostbaren Fruchtblase bohren. Natürlich würden sie sofort in einem Schwall blutigen Fruchtwassers die ganze Blase zum Platzen bringen und einen sterbenden Fötus zurücklassen, der Schwerkraft und den Infekten erlegen. Diesen Fötus hatte ich auch schon genau vor Augen - ein kleiner vollständig entwickelter Mensch, sehr violett, leicht verformter Kopf mit Druckbeulen, ansonsten zierlich, vollkommen und mit rührend perfekt ausgebildeten Miniatur-Ohren.


Vehement schüttelte ich den Kopf. Nein, niemals..... und schützend legte ich beide Hände auf meinen Leib, unter dem bereits das Herz von Sofia schlug.

Und hätte ich mich damals entschieden den Test zu machen.... dann hätten sie mir gesagt "Herzlichen Glückwunsch, Sie werden ein gesundes Mädchen haben“.

Denn was zeigt uns die Amniozentese? Was macht man mit der Fruchtwasserprobe?

Vom Säuregehalt des Fruchtwassers kann auf die Sauerstoffversorgung des Kindes geschlossen werden.

Weiter wird im Fruchtwasser der sogenannte Alpha-Fetoprotein-Wert gemessen,  kurz AFP. Zu 90% gibt der AFP Auskunft über schwere Spaltfehlbildungen (Neuralrohrdefekte) des Kindes. Bei Auffälligkeiten des AFP würde man zur weiteren Abklärung noch einen spezialisierten Ultraschall durchführen.

Nach einer Aufbereitung der kindlichen Zellen im Labor wird eine DNA- und Chromosomenanalyse durchgeführt.
Bestimmte Fehlentwicklungen des zentralen Nervensystems sowie einige Erbkrankheiten können dadurch abgeschätzt werden.
Auch grobe Strukterveränderungen der Chromosomen (Translokation - vertauschte Chromosomenarme) würden festgestellt
Ebenso sieht man zahlenmäßige Abweichungen vom normalen Chromosomensatz des Menschen.
Zum Beispiel Trisomien (Dreifachsatz).
Das bekannteste Beispiel für eine Trisomie ist das Down-Syndrom, wenn Chromosom 21 dreimal vorliegt.
Doch schon mit Mosaikformen von Trisomien hat der Test seine Probleme und es bleibt ein Restrisiko.

Das Geschlecht des Kindes offenbart sich ebenfalls bei diesem Test.

Und ab der 30. SSW ist es noch möglich, Blutgruppenunverträglichkeit und Lungenreife zu bestimmen.

So... das wären die Infos die wir pränatal über den Engel namens Sofia erhalten hätten. Volle Punktzahl natürlich wieder, alles normal. Herzlichen Glückwunsch....

Das Rett-Gen hätte niemand getestet. Das Rett-Gen war 1998 noch nicht entdeckt. Das Rett-Gen wird auch 2018 nicht  routinemäßig getestet. Wie so viele andere Genveränderungen auch nicht.

Darum gibt  es mit oder ohne Test keine 100 % Sicherheit.

Sicherheit bekommst du nie im Leben und auch keine Antwort auf die Frage Warum?

Auch gibt es kein Recht auf ein gesundes Kind.

Und es gibt auch kein Selbstverständnis basaler Funktionen.



Die nummerische Chromosomenanalyse gab´s dann doch noch, irgendwann später. Ohne Befund.

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