Harnstau

 Harnstau   (schmerzhaft und gefährlich!)

Seit 2013 zeigt Sofia eine seltsame Angewohnheit die Blase selten zu entleeren. Mit 12 Stunden beginnend wurden bald 18 Stunden Harnverhalt erreicht und das regelmäßig.

In den folgenden Jahren bis 2015/2016 verstärkte sich das Problem noch.

2016 wurden organische Ursachen und auch Folgeschäden ausgeschlossen.

Der Stau rührt von allgemeiner Anspannung her, wie sie für Sofia und das Rett-Syndrom typisch ist. Wenig Trinken verstärkt das Problem. Sofia verweigert meist Trinken.

Allgemein entspannende Maßnahmen können helfen – Beruhigung, Wärmeanwendungen. Ist aber schwer umzusetzen wenn Sofia schon vor Schmerzen schreit.

Seit 2016 wieder leichte Besserung da durch pflegerische Maßnahmen die Trinkmenge erhöht werden konnte durch Einflößen von Wasser per Einwegspritze.

Was man konkret in der akuten Situation tun kann:


Bei lange trockener Windel ohne Schmerzen (ohne Schreien)

Spazieren führen im Haus, durch die Schwerkraft und die Entspannung beim Gehen klappt es oft.
Warme Auflagen wie ein Kirschkernkissen aus der Mikrowelle.
Warme Bäder.
Mit Einwegspritze Wasser einflößen → führt zum Überlaufeffekt.

Spitzt sich die Situtation weiter zu setzen wir Medikamente ein.

Die folgenden medikamentösen Maßnahmen dürfen nur in Absprache mit dem Arzt erfolgen!
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Wenn schon Schmerzen da sind, das merkt man am heftigen Schreien bei lang trockener Windel
Ibuprofen (Dosis in Absprache mit dem Arzt/bei Sofia 400 mg)
Löst schnell Schmerz und Spannung und binnen 15 – 30 Minuten wird die  Blase entleert.

In Akutsituationen, nachdem Ibuprofen nicht geholfen hat und wenn es langsam kritisch wird
– ab 18 bis 20/22 Stunden Harnstau
Tavor expedit (Dosis in Absprache mit dem Arzt/bei Sofia 0,5 mg=1/2 Tablette)
Führt nach 2 – 3 Stunden zur Entspannung und zum Abgang von Urin.
(Tavor wirkt - bei Sofia - sehr zeitverzögert.)

Akute Gefahr ab 22/24 Stunden Harnstau mit heftigen Schmerzen Notaufnahme, Ultraschall, Katheter.



Was man vorbeugend tun kann:

Auf Trinkmenge ca. 1.600 ml achten.
Frisch gekochter Pudding ist oft Ausweichmöglichkeit da er sehr gern angenommen wird.
Milchgetränke, leicht schaumig-sämig, oder Kaba sind wesentlich beliebter als Saft, Schorle oder Wasser. Kohlensäure ist unbeliebt.
Ggf. Andickpulver aus der Apotheke verwenden

Leider genügt Anbieten von Getränken meist nicht, Sofia trinkt grundsätzlich ungern und sehr wenig, dreht den Kopf weg, presst die Lippen zusammen.

Routinemäßig muss darum Zusatzflüssigkeit gegeben werden - klares Wasser in der 10ml-/20ml-Einweg-Spritze in Rückenlage mit erhöht gelagertem Kopf einflößen, sofern die Kinder das Schlucken dabei bewältigen. Sofia kann und akzeptiert das. Jeden Morgen bekommt sie zuhause schon beim Wecken mit ihrem Medikament auf diese Weise gut 350 ml Wasser und im Laufe des Tages nach Bedarf. Bis zur gesamten Trinkmenge von1.600 ml kann mit der Spritze eingeflößt werden. Diese pflegerische Maßnahme haben wir 2015 „erfunden“, anfangs bei Bedarf, und ist seit 2016 fester Teil der Tagesroutine. Neuerdings kommt auch eine Quetschflasche mit Mundstück zum Einsatz.

 Harnstau  Teil 2  DIE LÖSUNG


2023 zeigt sich bei der Nachkontrolle (Urodynamik) ein schwer spastischer Befund an Blase und Beckenboden.

Die Blase zeigte nun, anders als 2016, Druckschäden.

Die Nieren waren akut gefährdet.


Von den vorgeschlagenen Behandlungsoptionen entschieden wir uns für die dauerhafte chirurgische Lösung, die Sphinkterotomie (Blasenauslass-Resektion). In einer unkomplizierten Operation wurde der Blasenschließmuskel geschwächt (reseziert) und eine Durchlaufblase geschaffen.


Seitdem fließt der Urin von oben bis unten durch, die Blase hat keine Speicherfunktion mehr. Der Harnstau ist damit aufgehoben. Der Zustand nach OP ist sehr nahe dem natürlichen, indem der Urin einfach in die Windel fließt.


Weder Katheter noch Medikamente sind erforderlich.


Die pflegerische Situation hat sich ebenfalls verbessert, die Windeln laufen nicht mehr über durch schwallartige Entleerung, der Urin betropft kontinuierlich das Flies und die Windel kann besser aufnehmen und ihre Kapazität wird weit mehr genutzt.


Probleme mit Windeldermatitis sind nicht aufgetreten bei normaler Pflege, ohne besondere Vorkehrungen.


Nachtrag Herta, im August 2023

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